Schwitziges Wetter, spannende Partien und sogar ein vereinsinternes Match-Up?
Das diesjährige Kurt-Pape-Open hatte all das und vieles mehr zu bieten.
Am 07.-10. August 2025 machten sich drei mutige SCS-Mitglieder:innen auf dem Weg in die Kurstadt Bad Pyrmont, um am 4. Turnier zu Ehren von Kurt Pape teilzunehmen.
Das Turnier wurde in A- (mind. 1700 ELO) und B-Open (max. 1800 ELO) aufgeteilt, sodass wir in beiden Open vertreten waren: Leo & Nauras im A-Open, Jiahui im B-Open.
Über 4 Tage ist in den 7 Runden mit 170 Teilnehmer:innen viel passiert, daher hier einige Highlights aus unseren Partien!
Direkt bei der ersten Partie des ersten Abends (Start um 18 Uhr) wurde Nauras gegen Lars Drygala (ESV Göttingen) gelost, der mit fast 300 ELO-Punkten mehr, eine schwierige Herausforderung sein sollte.
Doch wie man Nauras kennt, halten ihn auch stärkere Gegner nicht davon ab, irgendwelche verrückten Gambits zu spielen und so landete er im 22. Zug in einer Stellung, in der ihm die Engine durch ein groben Patzer seines Gegners eine +3 Bewertung gibt.
Nach Sb7 ist der mit Abstand beste Zug Lxf5!
Denn auf exf5 bekommt der Bauer auf e5 freie Bahn und auf Txf5 stehen die schwarzen Figuren viel zu passiv, während Weiß schnell Initiative ergreifen kann.
Nach Lxf5 funktioniert Txc1 auch nicht, da man nach Txc1 Tc7 droht die beiden Leichtfiguren zu gabeln.
Da die Stellung allerdings sehr kompliziert ist, findet Nauras Lxf5 leider nicht und spielt stattdessen Tcd1, was die Stellung ausgleicht.
Nach ein paar Abtauschen und weiteren 22 Zügen geben sich beide mit einem Remis zufrieden.
Eine starke erste Partie von Nauras und wie man es von seinen Partien kennt mit viel Spannung!
Es sollte jedoch nicht die einzige bekannte Begegnung sein, die Nauras im Laufe des Turniers machen muss.
Es ereignete sich den Abend darauf, zwei Runden später, dass Nauras mit 1/3 auf niemand geringeren als Leo traf, der nach einem Sieg in der ersten Runde ebenfalls 1/3 hatte.
So standen, oder besser gesagt saßen, sich ein verrückter Jüngling und ein Jahrzehnt Schacherfahrung gegenüber. Wie würden sich Nauras‘ unkonventionelle Eröffnungen gegen die Pirc-Verteidigung schlagen, die im Laufe des Turniers mehrmals als „langweilig“ (Quelle: Adrian Hoke, ESV Göttingen) bezeichnet worden ist?
Die Partie war jedenfalls alles andere als langweilig, denn schon früh versucht Nauras in einer ausgeglichenen Stellung für ein wenig Action zu sorgen. In folgender Stellung spielt er nach einiger Überlegung c4:
daraufhin folgen eine Reihe von Situationen, in denen Leo nur einen Zug hat, um seinen leichten Vorteil nicht zu verlieren. Zu Nauras‘ Nachteil findet Leo diese allerdings und gewinnt ein wenig später sogar eine Figur.
Wie sich jedoch im Laufe dieses Turniers mehrmals herausgestellt hat, ist es nicht immer so deutlich, wie man mit einer Leichtfigur mehr gewinnt. In diesem Fall musste Leo irgendwann seine Dame für einen Springer und einen Turm aufgeben und einen weiteren Figurenverlust später, sind es auf einmal nur noch Turm + Springer gegen eine Dame + einen Bauern und das ist wohl ein Endspiel, das ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünschen würde. Hinzu kommt noch, dass Leo in all diesem Trubel ungefähr 13 Züge hintereinander weniger als 1 min. auf der Uhr hat, während Nauras mit 40 min mehr genüsslich versucht, den Gewinnplan zu finden.
Ihn zu finden stellte sich jedoch als sehr schwierig heraus, da Nauras durch die gut koordinierte Figuren von Leo Schwierigkeiten hatte, seine Freibauern auf der a- und b-Linie vorzuziehen, sodass Leo sogar noch den b-Bauern gewinnen kann. Nachdem Nauras korrekterweise weiter versucht seinen König näher an das Geschehen zu bringen, gibt es im 78. Zug sogar ein Matt in 15:
– und als wäre so ein Matt, das übrigens nicht mit einem Schach beginnt, nicht sowieso schon schwierig zu sehen, liegen bereits auch noch 4 Stunden Schach hinter den beiden.
Nach einer weiteren Stunde intensiver Konzentration sind die Nerven bei beiden SCSlern durchgebrannt und so kommt es im 84. Zug dann zu einem unglücklichen Dameneinsteller von Nauras, woraufhin er die Partie aufgibt.
Nichtsdestotrotz wieder mal eine starke Leistung und wieder gegen einen Gegner mit +100 ELO-Punkten mehr.
Wo wir gerade von stärkeren Gegnern sprechen, kam auch Leo dieses Turnier nicht drum herum am nächsten Morgen mit Weiß gegen einen FM gelost zu werden.
Nach einem ruhigen Aufbau (und nach 13 Zügen nur einer halben Stunde auf der Uhr) rochiert Leo lang und startet einen Angriff auf dem Königsflügel, den sein Gegner zunächst nicht so richtig zu verteidigen weiß. Irgendwann ist der schwarze König von seinen eigenen Figuren eingeschlossen – die Frage hier ist: Wie nutzt man das richtig aus? In dieser Stellung sieht der Bauer auf g6 zunächst schmackhaft aus:
Doch nachdem sich die Türme tauschen, gelangt die Dame auf die h-Linie und der schwarze König bekommt etwas mehr Platz zum Atmen.
In so einer unfassbar komplizierten Stellung gelang es Leo bereits dreimal, den einzigen Zug zu finden, der den entscheidenden Vorteil behält, doch beim vierten Mal gelang es ihm leider nicht und somit kann sein Gegner die Stellung ausgleichen.
Dadurch muss Leo irgendwann feststellen, dass sein Angriff nicht mehr stark genug ist und sein Gegner kann nach kurzer Zeit die Partie für sich entscheiden.
Es können jedoch auch nicht alle von sich behaupten so gut gegen einen FM gestanden zu haben und der Graph zeigt es auch:
Genug aus dem A-Open – wie sah es zwischenzeitlich eigentlich im B-Open aus?
Das B-Open wäre natürlich nicht das B-Open, wenn dort nicht auch verrückte Dinge passieren würden.
In der 2. Runde erspielte sich Jiahui (Weiß) einen soliden Vorteil gegen ihren Gegner (Schwarz) bis sie sich auch ein wenig zu voreilig an das Einsammeln von Bauern machte, die im Zentrum ungedeckt herumstanden.
Ihr Gegner konnte daher gleich mehrere Drohungen aufstellen, die sie am Ende eine Qualität kosten sollten. Im Laufe der Partie fand sie jedoch einen Weg, die Bauern ihres Gegners zu schwächen und im Nachhinein sogar einzusammeln. Die beiden gingen also in ein Endspiel mit Turm + 1 Bauern und Springer + 4 Bauern, von denen jedoch beide Doppelbauern waren:
Den letzten Bauern kann Jiahui dann relativ schnell abtauschen, um das Risiko einer möglichen Umwandlung direkt aus der Welt zu schaffen.
Wenn sie es schaffen würde, einen der Bauern umzuwandeln, wäre die Partie gewonnen.
Dafür gibt es jedoch nur einen richtigen Gewinnplan und der war für sie einfach nicht zu finden.
Nach dem Verlust ihres letzten Bauern sind nur noch Springer, Turm und die zwei Könige übrig:
Eine Stellung, von der sie wusste, dass es theoretisch Remis sein muss – was sie aber nicht wusste, ist, dass es schwierig zu halten war. Nach einem abgelehnten Remisgebot, war sie daher umso entschlossener, das Remis zu beweisen.
Und wenn man keine Engine hat, die einem sagt, dass es nur einen Zug gibt, der nicht ins Matt rennt und genügend Zeit auf der Uhr hat, fällt es Einem sicher leichter, solche Züge zu finden.
Jiahui gelang das Ganze auch 3-Mal bis ihr Gegner nach 5 Stunden Partie auch keine Lust mehr hatte und schließlich das Remis annahm.
Insgesamt hatten alle 3 Teilnehmer:innen aus dem SCS viel Spaß am Turnier und sogar alle 3 einen Preis gewonnen:
Nauras holte mit 4/7 den Ratingpreis von <1800 DWZ im A-Open
Jiahui holte mit 4,5/7 den Damenpreis im B-Open
Leo holte mit 4,5/7 den Ratingpreis von 1900-2000 DZW im A-Open
Wir hoffen, dass wir auch nächstes Jahr wieder teilnehmen können, vielleicht sogar mit mehr Vereinsmitgliedern!
Der Link zu allen Partien:
https://lichess.org/broadcast/nsv-4th-kurt-pape-open--a-open/round-7/5vvYKVgJ
Die Endtabellen:
https://chess-results.com/tnrWZ.aspx?lan=0&art=4&tno=1228620
Taktik-Aufgabe (4. Runde B-Open: Zhang, Jiahui – Berger, Johanna):
In diesem Turnier drehte sich Vieles, um Bauern, die man nicht nehmen sollte, daher zum Abschluss noch eine Taktik-Aufgabe: Wie wird es bestraft, dass der Springer auf c4 kürzlich einen Bauern geschlagen hat? (Lösung unten)
Lösung: Db3! und Schwarz hat keine Möglichkeit, den Springer zu verteidigen, da ein Zug zuvor Sd4 von Weiß gespielt wurde, was die Felder e6, d5 und b5 deckt.
Natürlich muss der schwarze Springer zuvor gar nicht auf c4 schlagen und Schwarz steht durch den Doppelbauern auch besser, wenn sie es nicht tut. Aber dank einer Oscar-würdigen Performance von Verärgerung am Brett von Jiahui war ihre Gegnerin wohl doch zu sehr in Versuchung geraten, diesen Bauern mitzunehmen.